Verfahrensfehlerhafte Ermessensausübung bei Nichteinholung eine Unternehmensbewertungsgutachtens

Von Gregor Zimny|9. Dezember 2018|

Mit Beschluss vom 05.10.2018, IX B 48/18 hat der BFH festgestellt, dass das bei der Bestimmung von Art und Zahl einzuholender Sachverständigengutachten nach § 82 FGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt wird, wenn das Gericht von der Einholung gutachterlicher Stellungnahmen absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit der Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.

Im Streitfall hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg nach Auffassung des BFH seine Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO verletzt, da es ermessensfehlerhaft von der Einholung eines Sachverständigengutachtens über den Wert einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft abgesehen hat.

Der Begründung des BFH folgend wird das dem Tatsachengericht bei der Bestimmung von Art und Zahl einzuholende Sachverständigengutachten nach § 82 FGO i.V.m.  §§ 404, 412 ZPO zustehende Ermessen dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung gutachterlicher Stellungnahmen absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit dieser zusätzlichen Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.  Diese Notwendigkeit besteht gem. § 81 Abs. 1 FGO grds. immer dann, wenn die Bewertung eines Unternehmens respektive der Unternehmenswert streitig ist.

Von der Notwendigkeit der Einholung eines Unternehmensbewertungsgutachtens kann ausnahmsweise nur dann abgesehen werden, wenn das Gericht über die notwendige Sachkunde im Zusammenhang mit Unternehmensbewertungen verfügt und diese auch in den Entscheidungsgründen darlegt. Die Verpflichtung zur Einholung eines Unternehmensbewertungsgutachtens ergibt sich nach Ansicht des BFH zudem nicht erst dann, wenn ein Sachverständigengutachten seitens Kläger oder Beklagten beantragt wird.